Vollmond in den Zwillingen
Unsere Worte sind das Meer, auf dem wir segeln.
Wir können alles mit Worten erreichen und in Bewegung setzen. Es gibt kleine, helle, weiche, abrundende, wärmende, zartblättrige, metallene, fließende, singende, eckige und schwimmende Worte. Es gibt dunkle, reinigende, bauschige, rutschige, duftende, süße, flauschige und schäumende Worte. Es gibt wilde, bunte, abenteuerliche und stur geradeausschauende, regalbrettschlichte und schmetterlingsleichte. Es gibt. Alles!
Alles ist hell erleuchtet, was in die Welt unserer Gedanken und Wörter, unserer Gespräche und Smalltalks gehört. Wir können unser Denken zum Fließen bringen, mit Mut und Feingefühl, mit Herz und Bauch. Wir sind Träger von Botschaften. Und zwar immer.
Immer tragen wir etwas durch die Welt… unsere Laune, unsere Liebe, unsere Sorgen. Unser Wunschdenken, unseren Ehrgeiz, unsere alten, neuen, frischen und staubigen Träume. Wir sind unterwegs mit verschiedenstem Gepäck und merken es oft gar nicht. Ich sehe den Vollmond in den Zwillingen als Meer aus Vernetzung, aus Gesten, Zeichen und Wörtern. Eine Ansammlung aus kleinen Dingen, die zusammengenommen das Meer bilden, auf dem wir segeln. Oder in dem wir schwimmen, vielleicht sogar IN das wir TAUCHEN. Je tiefer, desto hypnotischer.
Die Zwillinge werden oft, auch von mir, als Intellektuelle des Tierkreises oder als Wissbegierige, und bloß auf Kopf-Niveau Reisende reduziert. (Damit meine ich wie immer nicht die Zwillinge als Menschen, sondern als Prinzip, wie jedes Zeichen ein Prinzip, eine Wesensart beschreibt.) Ich nehme das jetzt alles theatralisch zurück und sage: Wie schön, dass heute, an meinem empirischen Zwillings-Vollmond-Recherche-Tag – an dem ich von 6 Uhr morgens bis um 20 Uhr abends unter Leuten war, am Telefon, auf fb., mit unzähligen Fremden, mit Bekannten, mit Kollegen und Freunden – dass also an diesem Tag alles aus vielen wärmenden und ehrlichen und munteren und weichen Wörtern gewebt war! So wie ich sie meinte, wie ich sie fühlte, im passenden Ton sprangen sie aus meinem Mund hinein in den Raum.
Wie viel mehr das Schwimmen, Fliegen und Tauchen Spaß macht, wenn dieses Meer so festlich geschmückt ist mit Lichtern, kleinen leuchtenden Signalen, mit Sinn und mit Verbindungspunkten zwischen uns allen. Ich habe lange nicht mehr so gerne mit so vielen Leuten über so vieles gesprochen habe wie heute. Es war tatsächlich meer-like. Aber dann nicht so dunkelblau-nächtlich und auch nicht lau und mittelmäßig, sondern mehr schillernd hell und überall mit Goldlichtern verziert. Warm und weit, endlos, so leichtherzig und mühelos.
Da kann man auch ohne mit der Wimper zu zucken durch das dezemberische Berlin laufen und sich nicht im geringsten an irgendwelchen Zwischenfällen oder Wintergrauheiten stören. Denn es ist alles EIN Meer, EIN endloses Netz, in dem man Spannungen mit einem, nämlich dem genau dafür richtigen Wort auflösen kann, so wie man eine Schraube mit dem passenden Schraubenzieher aus der Wand holt, ganz praktisch und simpel. So war es heute in meiner gemütlichen Ecke des Meeres. Zum Glück mit etwas mehr Zauber als beim Schraubenziehen.
Wie war es bei euch? Habt ihr auch gebadet in den Wörtern und Zeichen und Lichtpunkten auf hoher See? Oder eher auf dem Schiff das Steuerrad herumgerissen, bei Sturm und Regen? Oder bei innerem Sonnenschein in vollkommener Stille das Meer genossen?
Ich bin gespannt und wünsche euch genau das Meer, was Euch am besten gefällt, und die Wörter, die euch am besten in winterzufriedene Stimmung versetzen und zum Lächeln bringen, und die GesprächspartnerInnen, die mit euch segeln, baden, tauchen und fliegen!
Ganz liebe Grüße mit viel Geglitzer auf der Wasseroberfläche.